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Wie bio ist Aquaponic?

Meine Aquaponic Anlage läuft. Mehr und mehr entsteht dabei ein eigenes Ökosystem, ein in sich geschlossener ökologischer Kreislauf. Nachhaltiger und biologischer geht es kaum. Dennoch darf ich über die Erzeugnisse aus diesem System nicht behaupten, dass sie bio sind – und zwar ganz einfach deswegen, weil gesetzliche Regelungen dem entgegenstehen.

Alles bio oder was?

In den USA und in Europa wird das Thema Bio Aquaponic bereits seit einiger Zeit diskutiert. Dabei sollte die Sache doch eigentlich ganz klar sein. Meine aus einem IBC Container entwachsene Anlage beispielsweise kommt ganz ohne Antibiotika und Pflanzenschutzmittel aus. Die Fische bekommen selbstverständlich kein Tiermehl zu fressen, sondern ausschließlich pflanzliche Futtermittel. Und in Sachen Wasserverbrauch erreicht sie Bestwerte. Dass das Ganze auch noch eine sehr nachhaltige Angelegenheit ist, sorgt für zusätzliche ökologische Effekte. Dennoch kann von Bio keine Rede sein, wie ich mittlerweile gelernt habe. Das gesamte System kann so nachhaltig, umweltfreundlich, ressourcensparend und am Bioanbau sein wie es will – ein Biosiegel würde es nach der derzeitigen Gesetzeslage in Europa nie und nimmer bekommen. Der Grund dafür ist einfach: Es fehlt an Erde bzw. Erdreich. Die spielt im biologischen Anbau aber eine ganz entscheidende Rolle. Am Erdreich orientieren sich auch gesetzliche Vorgaben, die genau festlegen, was als biologischer Anbau gilt und was nicht.

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Das Problem: Nährstofflösung statt Boden

Es macht natürlich Sinn, genau zu definieren, was also biologisch angebaut gelten darf. Anderenfalls könnten wir uns als Verbraucher noch nicht einmal ansatzweise darauf verlassen, auch wirklich biologische Lebensmittel zu kaufen. Der wichtigste Bezugspunkt ist dabei stets die konventionelle Landwirtschaft. Der Bioanbau muss sich in einigen gravierenden Punkten von ihr unterscheiden. Landwirtschaft hat immer eine ganz klare Grundlage, nämlich den Boden. Er ist es, auf dem Pflanzen und letztlich auch das Futter für die Tiere wachsen. Kein Wunder also, dass der Boden eine entscheidende Rolle auch in Sachen Bioanbau spielt. Eines der wichtigsten Kriterien beim Biolandbau ist denn auch, dass die jeweiligen Produkte in Erde angebaut worden sind. Folglich spielt auch die Bodenpflege und der natürliche Stoffkreislauf eine große Rolle. Es gilt ganz grundsätzlich: Ohne Boden bzw. Erde kein Bio.

Nährstofflösung oder durch spezieller Boden?
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Die Aquaponic kommt wie die Hydroponic ganz allgemein vollkommen ohne Erde aus. Der Verzicht auf Erde ist gewissermaßen die grundlegende Idee dahinter. Stattdessen kommen dort Steinwollwürfel und eine zirkulierende Nährstofflösung zum Einsatz. Nach der bislang in den USA und in Europa geltenden Definition kann also gar nicht von einem biologischen Anbau die Rede sein. Mittlerweile gibt es allerdings zumindest in den Vereinigten Staaten Bestrebungen die auch dort geltende Definition von Bioanbau entsprechend zu ändern bzw. zu erweitern. Schon bislang gab es im Land der unbegrenzten Möglichkeiten allerdings bereits Bioprodukte aus dem Hydroponic-Anbau – vorausgesetzt, alle anderen Regularien für den biologischen Anbau wurden penibel eingehalten. Gut möglich also, dass sich schon in naher Zukunft einige grundlegende Veränderungen auf diesem Feld ergeben. Ob und wann diese Veränderungen auch Europa erreichen, ist jedoch hochst unklar.

Ergebnisse
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Bio Aquaponik: Was genau bedeutet das eigentlich?

Für mich stellt sich in diesem Zusammenhang auch eine ganz grundlegende Frage: Ist Aquaponic immer eine biologische Anbauform oder müssen zwingend bestimmte Kriterien erfüllt werden? Sicher, meine Aquaponik-Anlage im IBC Container ist grundsätzlich nachhaltig und folgt einem natürlichen biologischen Kreislauf. Diese Nachhaltigkeit alleine reicht allerdings für den zertifizierten Bioanbau nicht aus. Es müssen zwingend weitere Kriterien hinzukommen, wie etwa die Frage der Düngung. Wer nach dem Hydroponic-Prinzip Gemüse und Kräuter anbaut, kommt ohne eine Nährstoffversorgung mittels Dünger nicht aus. Dafür lässt sich grundsätzlich Dünger verwenden, der auch im Bioanbau auf Boden zugelassen ist. Damit jedoch die Nährstoffe dieser Dünger überhaupt für Pflanzen verfügbar gemacht werden können, braucht es bestimmte Mikroorganismen – und die sind in der Natur ausschließlich im Boden zu finden. Bei der Hydroponic müssten diese Mikroorganismen, vor allem der Pilz Trichoderma harzianum, zugegeben werden, damit das Ganze auch funktioniert. Ein passendes Produkt dafür gibt es bereits auf dem Markt. Übrigens: Bei der Aquaponic wie ich und viele andere sie betreiben bilden die Ausscheidungen der Fische den Dünger für die Pflanzen. Für einen Anbau im großen Stil eignet sich diese Methode zumindest bislang jedoch nicht.

Alles bio? Ja und nein!

Ich kann mir gut vorstellen, dass es in nicht allzu ferner Zukunft tatsächlich Bio Hydroponic und Bio Aquaponic geben wird – und zwar ganz offiziell mit staatlichem Siegel. Im Prinzip hängt es nämlich tatsächlich nur an der fehlenden Erde. Es ist schlicht eine Definitionsfrage. Weitet man den Blick jedoch, tauchen andere Aspekte auf. Da ist etwa die Frage, wie der enorme technische Aufwand, der heute noch für eine großflächige Hydroponic-Anlage nötig ist, wirklich zu einer nachhaltigen, biologischen Produktionsweise passt. Natürlich weiß ich, dass das nicht zwangsläufig etwas mit der biologischen Qualität der Lebensmittel zu tun hat. Dennoch macht es aus meiner Sicht wenig Sinn, auf Bio-Produkte zu setzen, die nur auf der Grundlage eines enormen Ressourcenverbrauchs entstehen können. Andererseits wird uns wohl nichts anderes übrige bleiben, als diesen Widerspruch in Kauf zu nehmen – jedenfalls dann, wenn wir auch weiterhin so unverantwortlich mit den uns zur Verfügung stehenden Böden umgehen.